Heidelberg: Polizeikritik und Pfefferspray
Aktuell zeigt die Friedrich-Ebert-Gedenkstätte in der Heidelberger Altstadt die Ausstellung „Freunde – Helfer – Straßenkämpfer. Die Polizei in der Weimarer Republik“ (KIM berichtete). In diesem Rahmen fand am Donnerstag, 27. April eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Wer schützt die Demokratie – Wer schützt die Polizei?“ statt, an der rund 30 kritische Zuhörer*innen teilnahmen, die Veranstaltung störten und am Ende von Polizist*innen mit Pfefferspray attackiert wurden.
Die Ausstellung „Freunde – Helfer – Straßenkämpfer“ ist eine Wanderausstellung des niedersächsischen Polizeimuseums. Kritiker*innen sehen darin den Versuch, das Image der Polizei in Zeiten zunehmender Kritik an rassistischer Gewalt und rechten Netzwerken in der Behörde durch vermeintlich selbstkritische Aufarbeitung aufzupolieren.
Massive Störung mit kritischen Worten
An der Podiumsdiskussion „Wer schützt die Demokratie – Wer schützt die Polizei?“ wurde kritisiert, dass es zwar um wichtige Themen gehe, aber nur Polizist*innen und die Bürgermeisterin auf dem Podium über sich selbst reden. Kritische Menschen waren nicht eingeladen.
Im Publikum saßen allerdings umso mehr Kritiker*innen der Polizei, die sich unaufgefordert an der Diskussion beteiligten, in dem sie Stellungnahmen zu tödlicher und rassistischer Polizeigewalt verlasen und lautstark Kritik an der Veranstaltung äußerten. Die Veranstalter*innen versuchten erfolglos die Wortbeiträge zu unterbinden, Redezettel aus den Händen zu reißen und die unterschiedlichen Lager schrien sich gegenseitig an. Die Veranstaltung war damit gesprengt.
Von den Aktivist*innen im Publikum wurde eine Schweigeminute für die Opfer von Polizeigewalt gefordert. Da es dazu erwartungsgemäß nicht kam, verließen sie kollektiv die Veranstaltung. Zurück blieben nur etwa 10 Personen.
Die Friedrich-Ebert-Gedenkstätte hatte zwischenzeitlich offenbar die Polizei wegen Verstärkung angerufen, so dass die Aktivist*innen in den Straßen um den Veranstaltungsort auf Polizeiabsperrungen trafen. Als Personenkontrollen durchgeführt werden sollten, kam es zu Pfeffersprayattacken, bei denen mehrere Aktivist*innen verletzt wurden. Einige kamen in Handschellen in Polizeigewahrsam.
„Wer schützt die Menschen vor der Polizei?“
Die Friedrich-Ebert-Gedenkstätte reagierte anschließend mit einem Statement ausweichend. Man begrüße es, „dass so viele junge, politisch engagierte Menschen den Weg zu unserer Podiumsdiskussion gefunden haben. Sehr bedauerlich ist hingegen, dass keinerlei Bereitschaft bestand, in einen Dialog zu treten und stattdessen versucht wurde, die Veranstaltung durch das Verlesen von Parolen und Sprechchöre zu sprengen.“
Noch im Veranstaltungsraum wurden die polizeikritischen Aktivist*innen vom Veranstalter allerdings pauschal als „Linksextremisten“ beleidigt, die “keine Demokraten” seien.
„Jede Kritik an staatlichen Organen und insbesondere an der Polizei (…) wird mit massiver Polizeigewalt beantwortet“, schreibt die Antifaschistische Initiative Heidelberg zum Vorfall. In Anspielung auf den Veranstaltungstitel kommentiert deren Sprecherin: „Die Frage lautet also eindeutig nicht ‚Wer schützt die Polizei?‘, sondern ‚Wer schützt die Menschen vor der Polizei?‘.
Wenige Tage, bevor sich die Tötung eines Mannheimers durch die Polizei jährt, sei die Kritik aktuell und zutreffend. Nun müsse man erst recht auf die Straße gehen. Am 2. Mai, dem Jahrestag des Todes von A.P. ist in Mannheim erneut eine Demonstration gegen Polizeigewalt geplant. Bisher gibt es immer noch keinen Prozess gegen die zwei Polizist*innen, die den psychisch kranken Mannheimer mutmaßlich durch Anwendung massiver körperlicher Gewalt auf dem Marktplatz in aller Öffentlichkeit und grundlos getötet haben. (cki)