Mannheim die heißeste Stadt Deutschlands

LTK-Fraktion unternimmt Schritte, um die Verwaltung zu konsequenterem und schnellerem Handeln zu bewegen

Abendrot über Mannheim. Bild: LTK-Archiv

Mit zwei Anfragen an die Verwaltung, die die LTK-Fraktion in den Gemeinderat einbringt, spricht sie wesentliche Themen an:
Erstens: Bessere Finanzausstattung für Hitzeintervention und -Resilienz, Stärkung des Eigenbetriebs Stadt-Raum-Service, Beschleunigung von Entsiegelungskonzept, Bau von Trinkwasserbrunnen und Begrünungsmaßnahmen.
Zweitens: Innovative Kühlungsmaßnahmen und deren Umsetzung.

Dieser Vorstoß der LTK-Fraktion trifft sich gut mit einem Offenen Brief, den Gerhard Fontagnier (Grüne) als einzelner Stadtrat quasi als Sprecher seiner Nachbarschaft an den Oberbürgermeister gerichtet hat. Wir dokumentieren alle drei Dokumente.

 

 

Konsequenzen aus dem heißesten Platz im DUH Hitze-Check 2025

Die Verwaltung möge berichten:

  1. Welche Konsequenzen wird die Verwaltung aus dem Ergebnis des Hitze-Checks 2025 der Deutschen Umwelthilfe, aus dem Mannheim als die am stärksten erhitzte Stadt Deutschlands hervorgeht, ziehen?
  2. Soll der Eigenbetrieb Stadtraumservice als wichtigster Akteur zur Verbesserung der Hitze-Resilienz gestärkt und entsprechend finanziell besser ausgestattet werden?
  3. Wird die Stadt sich auf Grundlage dieser neuen Erkenntnisse um weitere Fördermittel im Kampf gegen die Erhitzung und für bessere Hitze-Resilienz bemühen?
  4. Ist aufgrund dieser Dringlichkeit mit einer beschleunigten Umsetzung des Entsiegelungskonzepts sowie einer Beschleunigung bei Baumpflanzungen, bei Begrünungsmaßnahmen und beim Bau von Trinkwasserbrunnen zu rechnen?
  5. Wird sich die Verwaltungsspitze stärker um Unterstützung auf Landes- und Bundesebene für von extremer Hitze betroffene Kommunen einsetzen, z.B. über den Deutschen Städtetag?

 

Begründung:

Die Deutsche Umwelthilfe hat in ihrem 2. Hitze-Check für das Jahr 2025 mehr relevante Kriterien als beim 1. Hitze-Check 2024 einfließen lassen. Damit konnte ermittelt werden, dass in Mannheim 88 % der Bevölkerung unter starker Hitze leiden – mehr als in jeder anderen deutschen Stadt. Das liegt zum einen an der Lage in der Rheinebene, zum anderen aber auch an einem hohen Versiegelungsgrad. Zwar hat die Stadt unzweifelhaft in den letzten Jahren Maßnahmen ergriffen, um das Aufheizen der Stadt zu reduzieren und die Hitze-Resilienz zu erhöhen. Doch diese Maßnahmen sind offenbar der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein. Weitreichendere Maßnahmen sind notwendig.

Dabei sind auch das Land und vor allem der Bund in der Pflicht, der Stadt finanziell unter die Arme zu greifen. Denn Hitze schadet nicht nur der Lebensqualität, sie macht auch krank und führt nachweislich in vielen Fällen zum Tod. Deshalb muss auf allen Ebenen der Klimaschutz vorangetrieben und vor Ort weitreichende Maßnahmen gegen die Auswirkungen der Erderwärmung ergriffen werden. Mannheim muss als am meisten betroffene Stadt der gesamten Bundesrepublik auf diesem Weg vorangehen.

Quelle: DUH zweiter Hitze-Check 2025 (Pressemitteilung, Ranking (PDF))

 

Innovative Kühlungsmaßnahmen zur Bekämpfung der extremen Hitzebelastung

Die Verwaltung möge berichten:

  1. Plant die Stadt Mannheim straßenüberspannende Konstruktionen aus Seilen, Netzen und Säulen mit Kletterpflanzenbewuchs zur Hitzebekämpfung in den am stärksten betroffenen Stadtteilen?
  2. Wird die Platzierung von freistehenden Kletterpflanzen-Gerüsten oder großvolumiger Pflanzgefäße mit Baumbepflanzung als schattenspendende Alternative zu Straßenbäumen in versiegelten Bereichen als Sofortmaßnahme in Betracht gezogen?
  3. Plant die Verwaltung biotechnologische Luftreinigungssysteme (wie Moos-basierte Filter) in die Freiflächengestaltung zu integrieren, die gleichzeitig zur lokalen Kühlung beitragen können?
  4. Prüft die Stadt den Einsatz von „Cool Pavements“ (helle, reflektierende Straßenbeläge)?
  5. Entwickelt die Stadt eine koordinierte Strategie zur reflektierenden Beschichtung von Dächern und Fassaden in öffentlichen Gebäuden?
  6. Werden temporäre Kühlungsmaßnahmen wie mobile Wasserspiele, Sprühnebel-Anlagen oder Pop-Up-Schattenstrukturen für Hitzewellen-Perioden in Betracht gezogen?
  7. Welcher Zeitrahmen und welche Haushaltsmittel sind für innovative Kühlungsmaßnahmen in Bereichen vorgesehen, wo klassische Bepflanzung baulich nicht möglich ist?
  8. Welche Kooperationen mit Unternehmen, Forschungseinrichtungen oder anderen Städten sind geplant, um innovative Kühlungstechnologien zu testen und zu finanzieren?
  9. Ist eine Bürgerbeteiligung bei der Auswahl und Standortbestimmung solcher Kühlungsmaßnahmen geplant?

Begründung:

Der Hitze-Check 2025 der Deutschen Umwelthilfe zeigt alarmierende Ergebnisse: Mannheim schneidet bundesweit am schlechtesten ab. 88 Prozent der Bürger:innen leben in stark hitzebelasteten Gebieten bei Oberflächentemperaturen über 38 Grad, 56 Prozent Versiegelungsgrad und nur 2 Prozent Grünflächen. Die gesundheitlichen Folgen sind dramatisch: 2024 wurden deutschlandweit bereits 3.000 hitzebedingte Sterbefälle geschätzt.

Da klassische Bepflanzung in vielen versiegelten Bereichen aufgrund von Tiefgaragen oder unterirdischen Leitungen nicht möglich ist, bieten innovative Kühlungstechnologien konkrete Lösungen: Vertikale Kletterpflanzen-Systeme, multifunktionale Stadtmöbel mit Schattenspender, Cool Pavements (reduzieren Temperaturen um bis zu 11°C), reflektierende Oberflächen (reflektieren 30-50 % des Sonnenlichts) und temporäre Wasserspiele für Hitzewellen.

Diese kurzfristig umsetzbaren Maßnahmen sind für die stark versiegelten Bereiche Mannheims essentiell, um gesundheitliche Risiken zu minimieren.

Offener Brief von Stadtrat Gerhard Fontagnier (Grüne) zum Thema
Hitze in der Mannheimer Kernstadt

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Specht,

wir erleben in diesen Tagen wieder, wie zunehmende Hitze das Leben in Mannheim, insbesondere in der Kernstadt, immer anstrengender macht.

Ich lebe nun seit fast 20 Jahren in der Innenstadt, die Menschen in der Umgebung sprechen mich mit ihren Problemen an. Aktuell sind dies die älteren Menschen, die sich bei Hitze kaum noch aus ihren Wohnungen herauswagen. Mittlerweile sind wir als Spitzenreiter unter den Hitzestädten durch die Nachrichten gegangen. Sicher ist es gut und richtig, den Hitzeaktionsplan weiter zu stärken und bekannt zu machen. Auch Trinkwasserbrunnen sind gut und wichtig, dennoch sind diese Maßnahmen nur kleine Stellschrauben.

Viele können sich keine Klimaanlagen leisten, wobei diese auch keine Lösung sind, da sie weitere Hitze in den Stadtraum bringen. Nachts sind vor allem an Wochenenden in den zentralen Durchfahrtsstraßen der Verkehrslärm und die aufgedrehten Automusikanlagen so laut, dass damit auch das nächtliche Lüften eingeschränkt ist. An heißen Tagen ist selbst in der Nacht kaum ein Windzug in den Straßenschluchten zu spüren und die Häuser heizen sich weiter auf. Es bedarf wesentlich spürbarere Maß-nahmen, um das Leben in der Kernstadt wieder erträglicher zu machen. Dazu gibt es viele Vorschläge, wie zum Beispiel:

  • Wo immer möglich muss entsiegelt und begrünt werden.
  • Straßenränder sollen mit Büschen bepflanzt werden.
  • Keine Durchfahrten und Rundfahrten durch die Innenstadt, mindestens in den Nachtstunden.
  • Aus vielen Seitenstraßen sollten Sackgassen werden und große Pflanzgefäße können maximal viel Grün in die Stadt bringen (Superblocks). Es gibt ähnliche Beispiele in der Nähe des Rathauses: zwischen den GBG-Blöcken F5/F6 machen die großen Bäume, die Grünflächen davor und dahinter das Klima erträglicher, sodass an den kühleren Abenden die Menschen vor den Häusern sitzen können. Ein Teil der Straßen zwischen den Quadraten könnten zu Aufenthaltsflächen werden. Für die Lebensqualität ist das wesentlich wichtiger als das Abstellen von Autos, die viel Raum einnehmen..
  • Es braucht öffentlich zugängliche, klimatisierte Räume ohne Konsumzwang, in die Menschen aus ihren überhitzten Wohnungen gehen können.
    Beratungen und, wenn nötig, Zuschüsse für Beschattungen in den Wohnungen.
  • Parkende Autos an den Straßenrändern erhitzen die Stadt zusätzlich wie Heizkörper. Wenn der Straßenraum nachts abkühlen könnte, geben in dieser Zeit die geparkten Autos ihre Hitze ab. Mehr Autos in der Nacht in die Tiefgaragen und Parkhäuser, wo es oft Leerstand in den Nächten gibt. Angebote zum Nachtparken für Anwohner*innen machen die Nutzung attraktiv.

Auch wenn die Kasse der Stadt derzeit klamm ist, kann die ungesunde und lebensgefährdende Situation nicht ignoriert werden. Wenn die Kernstadt zukünftig wieder lebenswert sein soll, dann muss viel getan werden, um den Aufenthalt zum Einkaufen, Leben und Arbeiten attraktiv zu machen. Ich bitte eindringlich, hier mutiger vorzugehen, auch im Namen und im Sinne der Menschen, die mich in diesen Tagen anflehen, Ihnen, dem Oberbürgermeister der Stadt, die Situation deutlich zu machen.

Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Fontagnier