KOMMENTAR: Das Programm von Ferrat heißt Ferrat. Hat er für sein Video bei der AfD gelernt?
Erst ein oberpeinliches, sexistisches und rassistisches „Rap“-Video mit dem rappendem „Stadtrat Ferrat“ produzieren lassen, den Aufschrei abwarten, die Klicks sammeln, und dann bekanntgeben, er sei wohl missverstanden worden. Er habe sein Anliegen wohl nicht gut rübergebracht. Das kennen wir von der ewig „missverstandenen“ Hetzerpartei AfD.
Stadtrat Ferrat, der seine Kandidatur zum Gemeinderat gegen den erklärten Willen der LINKEN nur durch Terminablauf aufrechterhalten konnte und von vielen in ihrem Vertrauen getäuschten WählerInnen gewählt wurde, sitzt leider immer noch im Mannheimer Gemeinderat – jetzt als selbsternannter Vertreter der „Familienpartei“. Deren Landesverband Baden-Württemberg will von ihm aber nichts wissen, die Bundespartei unterstützt ihn jedoch auch jetzt, in dieser Affaire. Er habe „den Finger in die Wunde“ Neckarstadt-West legen wollen, weil alle Anderen angeblich wegschauen.
Er legt „den Finger in die Wunde“ genau in der Art, wie es PEGIDA – die es in Mannheim aufgegeben hat – machen würde: Vorführen einer total sexistischen türkischstämmigen Macho-Dumpfbacke am Eingang zum Puff in der Neckarstadt West als „Teil fürs Ganze“. So ist seiner Meinung nach die Neckarstadt. Ferrat als „Rapper“ übt sich durch Übernahme der vollkommen verrohten Dumpfbackensprache dann – so wollte er wohl verstanden werden – als Warner vor diesen Zuständen. Rassismus pur ist diese einseitige Beschreibung des Stadtteils, die er zum Selbstschutz als „Satire“ bezeichnet. Diese Beschreibung schlägt allen ins Gesicht, die seit Jahren als Teil der Verwaltung oder in bürgerschaftlichen Initiativen versuchen, in der Neckarstadt West bessere Lebensbedingungen und v.a. mehr Bildungsgerechtigkeit zu erreichen. Ferrat beschränkt sich aber nicht auf diesen Stadtteil, sondern das „Ghetto Mannheim“ beginnt schon an der Einfahrt der Autobahn von Heidelberg in die Stadt Mannheim mit ihren 40% Menschen mit „Migrationshintergrund“.
Welches Anliegen eigentlich hat Ferrat seiner Meinung nach nicht gut rübergebracht? Interessant wäre ja nun nicht das Herumpuhlen in einer angeblichen Wunde, die ja ohnehin Dauerthema der Kommunalpolitik ist, sondern „Lösungsvorschläge“. NPD, AfD und ALFA sagen oder deuten immer wieder an, es gebe zu viele Ausländer in Mannheim. Das erforderliche Handeln wäre dann logischerweise das Nicht-Hereinlassen bzw. das Hinausdrängen „der Ausländer“. Der Mannheimer Gemeinderat und die Zivilgesellschaft in Mannheim sind genau der gegenteiligen Meinung. Dafür steht die „Mannheimer Erklärung“. Hat Ferrat auch nur eine Andeutung gegen eine rechtsradikale Interpretation in seinen Rap eingebaut? Er selbst outet sich zwar als Mensch mit zwei Staatsangehörigkeiten: der deutschen und der französischen, aber nur um dann zu jammern, dass man ihn oft für einen Türken halte, nur weil er mit einer Türkin ein gemeinsames Kind habe. Die meldete sich inzwischen auf facebook öffentlich mit der Aufforderung, Ferrat möge doch endlich Unterhalt zahlen.
Hier erweist sich, dass Ferrat mit der „Familienpartei“ keine schlechte Wahl getroffen hat. Denn diese Partei tritt für ein staatliches „Elterngehalt“ ein – dann wäre das leidige Thema Unterhaltszahlungen endgültig erledigt.
Ferrat, der seine neue Partei schon mehrfach eine flächendeckende Plakatierung jeweils mit seinem Konterfei bezahlen ließ, hat auf diesen Plakaten – neben der Forderung nach einem von der Stadt zu errichtenden 3D-Park – nun schon zum zweiten Mal die Abschaffung der Gebunden Ganztagsschule verlangt und auch im Gemeinderat mal drei Sätze dazu gesagt. Er liegt auch hier auf Linie der „Familienpartei“, die die Ersetzung der Schulpflicht durch die sog. „Bildungspflicht“ fordert, d.h. Beschulung der Kinder in den Familien. Der Bundesvorsitzende Körner wird im Rheinneckarblog zitiert: „Eine seit 40 Jahren verfehlte Familien-Politik, Arbeitsmarkt- und Integrationspolitik etablierter Parteien ließ eben zu, dass so etwas wie Familienbande, Erziehung und Wertevermittlung in der Familie auf dem Altar einer „modernen“ Gesellschaft geopfert werden konnte. Zur Familienpolitik gehört eben mehr als organisierte Fremdbetreuung, um damit eine wirtschaftsorientierte Gesellschaft zu (unter)stützen. Finanzielle Mittel gehören dorthin, wo sie gebraucht werden, in die Familien und insbesondere zu den Alleinerziehenden.“
Das also wäre die Lösung für die Neckarstadt West?
Ferrat beteiligt sich nicht an der Erarbeitung von Lösungen. Dazu hätte er als Stadtrat (auch als Einzelmitglied) durchaus Möglichkeiten. Weil er diese Möglichkeiten nicht nutzt, sah er sich zu dem Rap „gezwungen“. Ferrat ist neben der Unterstützung reaktionärer Positionen hauptsächlich mit dem langfristigen Aufbau der Marke „Julien Ferrat“ beschäftigt. Da und dort mal in Videoclips, mal in TV-Ratesendungen, jetzt mit einem eigenen Videoclip, mit dem er immerhin Aufmerksam erzeugt hat. Auf weitere „Höhepunkte“ seiner Selbstvermarktungsstrategie darf aber muss man nicht gespannt sein.
Dass Ferrat in seinem „Rap“ seinen sexistischen und rassistischen Unsinn auch noch mit dem Gremium „Gemeinderat“ in Verbindung bringt und – weitab von irgendeinem „sozialkritischen“ oder politischen Diskurs – auch die Vertretung der Mannheimer Bürgerinnen und Bürger mit oder ohne Migrationshintergrund unwürdig in den Schmutz tritt, verlangt nach einer Sanktion, die das Rechtsamt nun hoffentlich prüft. Ferrat hat seine rechtliche Würdigung gleich mitgeliefert: Er habe im Rahmen der vom Grundgesetz garantierten Freiheit der Kunst gehandelt und keine Helfer gehabt. Was allerdings ist „Kunst“ in diesem Zusammenhang?
Ferrat liebt den Verweis auf Recht und Gesetz zu seinen Gunsten. So versuchte er, die erwiesenen und von ihm zu verantwortenden Unterschriftenfälschungen bei der Uni-Wahl 2014 damit vom Tisch zu wischen, dass man ihm die unmittelbare persönliche Ausführung der Tat nicht werde nachweisen können. Vor Gericht konnte er sich nur durch Zahlung von 3.600 Euro zwecks Einstellung des Verfahrens retten. Das führte jedoch nicht zu mehr Anstand und Herausbildung eines Rechts- oder eben Unrechtsbewusstseins. Auch dieser Prozess machte ihn damals ein Stück bekannter, wie auch der inzwischen zurückgezogene schweinische Rap.
Die Demokratie hat um parlamentarische Mandate zurecht einen hohen Schutzzaun gezogen. Auch hinsichtlich der Gewissenbindung des/der Mandatsinhaber/in. Was aber, wenn ein Gewissen nicht sichtbar ist? Jetzt ist’s genug! Julien Ferrat sollte sein Mandat zurückgeben. Aber dafür wäre Anstand erforderlich. Die Hoffnung ist nur gering, dass der Politbetrüger Ferrat zur Herausgabe seines Mandats gezwungen werden kann. Zumal er das Video rechtzeitig zurückgezogen hat – ohne ein Wort der Entschuldigung.
Thomas Trüper