Demokratiefest in Neustadt bezog klare Stellung gegen die Vereinnahmung des „Hambacher Fest“ (mit Bildergalerie)
Am 08.06.19 nahmen etwa 300 Menschen am Demokratiefest auf dem Hetzelplatz in Neustadt (Weinstraße) teil, um klar zu machen, dass Rechtspopulisten in der Stadt erneut nicht willkommen waren. Der Finanzberater Prof. Otte hatte zum zweiten Mal in Folge zum „Neuen Hambacher Fest“ eingeladen. Otte gilt schlechthin als Brückenbauer zwischen der CDU-Werteunion und der AfD. Provokateure aus dem rechten Lager gaben Anlass zu Strafanzeigen. Das „Bündnis gegen Rechts“ in Neustadt bot gemeinsam mit Kooperationspartnern ein umfassendes Veranstaltungsprogramm an.
Prof. Otte und sein „Neues Hambacher Fest“
Nach 2018 rief der Finanzberater Otte aus Köln, dessen Lehrtätigkeit an der Hochschule Worms ruht, erneut „PatriotInnen“ dazu auf nach Hambach bzw. nach Neustadt an der Weinstraße zu kommen. Unter dem Motto, dass nur die Teilnehmer an seinen Treffen die Idee des Hambacher Fest von 1832 verkörperlichen könnten, lockte er erneut kostenpflichtig TeilnehmerInnen an. Diese kamen, wie im Vorjahr, fast ausnahmslos aus Reihen der AfD, der Jungen Alternative, der Identitären Bewegung und Menschen, die man auch schon zuvor in Kandel bei migrationsfeindlichen Aufzügen gesehen hatte und ansonsten als „PEGIDA“-nah bezeichnet werden können.
KIM berichtete: https://kommunalinfo-mannheim.de/2019/06/05/buendnis-gegen-rechts-veranstaltet-demokratiefest-in-neustadt-weinstrasse/
Bereits am Vortag nahmen an der „Patrioten-Wanderung“, nach Angaben der Polizei und verschiedener Medien bis zu 600 Menschen teil. Darunter auch zahlreiche AfD-Mandatsträger im Mainzer Landtag.
Ein Problem bekam Max Otte im Vorfeld, um seine Wanderer in ein Weinlokal einzuladen. Informierte Gastronomen hatten entsprechende Reservierungsanfragen abgelehnt. Final gelang es dem Organisator doch seine Kundschaft auf ca. 5-6 Weinlokale in Neustadt und Umgebung zu verteilen.
Bei Otte’s Konferenz im Saalbau Neustadt sprachen u.a. der AfD-nahestehende Imad Karim aus Mannheim (Islamkritiker; ehemaliger TV-Produzent für öffentlich-rechtliche Fernsehsender, Filmemacher u.a. für die AfD, Betreiber der islamophoben Facebook-Gruppe „Deutschland Mon Amour“), Dr. Daniele Ganser aus der Schweiz (Verschwörungstheoretiker und Autor diverser rechtslastiger Artikel; seit Bekanntwerden seiner verbreiteten Ideologien mit einem Lehrverbot an Universitäten in der Schweiz belegt). Des weiteren Willy Wimmer (CDU), langjähriger MdB, und speziell seit Anfang 2018, laut verschiedener Quellen aktiv im Milieu von Verschwörungstheoretikern. Dabei auch als Autor beim rechtspopulistischen Querfront-Magazin Compact.
Demokratiefest wird von Provokateuren gestört
In Rage gebracht hat, nach bislang unbestätigten Informationen, ein AfD-Funktionär aus Baden-Württemberg ein Schild, welches beim Demokratiefest gezeigt wurde. Daraufhin habe dieser die Personen am Schild auf des Übelste beschimpft. Ein Streitschlichter soll von dem AfD’ler mit den Worten (sinngemäß): „Dann schlage ich dich tot“ bedacht worden sein. Der Mediator erstatte Strafanzeige bei den vor Ort im Einsatz befindlichen Polizeikräften.
Wenig später, so ein Sprecher des Bündnis gegen Rechts in Neustadt im Nachgang, haben Vertreter der Jungen Alternative und der Identitären Bewegung, an einem Infostand massiv verbal provoziert und Menschen dort körperlich angegangen. Auch dieser Angriff auf das friedfertige Demokratiefest sei mit einer Strafanzeige quittiert worden.
In einem SWR-TV-Beitrag ist Leon Stockmann (Junge Alternative BaWü) als Ordner bei der Patriotenwanderung von Prof. Otte im Einsatz zu sehen. Stockmann soll maßgeblich bei dem Überfall auf das Kulturzentrum „Ewwe longt`s“ im Januar 2019 in Mannheim beteiligt gewesen sein.
Ein weiterer Ordner bei Otte’s Wanderung soll, nach bislang noch nicht final bestätigten Angaben eines Beobachters, Matthias Schneider aus Speyer, gewesen sein. Die rechtslastige, von AfD-Sympathisanten und Republikanern unterstützte „Wählergruppe Schneider“, war bei den Kommunalwahlen am 26.05.19 in der Domstadt angetreten. Ein Mandat konnte diese Gruppierung im neugewählten Gemeinderat Speyer erringen.
Die Veranstalter des Demokratiefest punkten
Das Bündnis und die Kooperationspartner präsentierten ein vollumfängliches Veranstaltungsprogramm an.
Rüdiger Stein und Hans-Jürgen Hemmerling sprachen die Begrüßungsworte. Moderiert wurde die Veranstaltung von Vertretern des Autorennetzwerk „Textur“.
Eine Auswahl aus dem dargebotenen Programm:
Oliver Steinke las Texte von Tuchkolsky und Brecht
Usch Kiausch (Textur) sprach über Max Otte, die AfD und Europa
Florian Hofmann (Engagierte Jugend Neustadt) bezog Stellung zu Demokratiedefiziten der EU und unterbreitete Verbesserungsvorschläge
Martina Gemmar (Sängerin) begeisterte mit Liedern und Worten zu Themen wie „Pressefreiheit und Demokratie“.
Rundherum war das Demokratiefest für die Veranstalter erfolgreich. Auch die Besucher konnten viele neue Erkenntnisse gratis, im Vergleich zu den kostenpflichtigen Otte-Veranstaltungen, mitnehmen. Eines kann unter dem Strich stehen bleiben: Die Idee des Hambacher-Festes darf nicht von Populisten und weiteren radikalen Kräften aus dem rechten Spektrum vereinnahmt werden. Klare Stellung bezogen hat auch der Vorstand der Stiftung “Hambacher Schloss” (sinngemäss): “Man möchte keine parteipolitische Einflußnahme, nachdem 2018 rund 25 Mitgliedsanträge, die eindeutig oder indirekt der AfD zuzurechnen seien, eingegangen seien.” Einzig Prof. Max Otte (Vorsitzender des Kuratoriums der AfD-nahen Desiderius-Stiftung) klagt derzeit vor Gericht, was die Ablehnung seines Antrags angeht.
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(Bericht und Fotos: Christian Ratz)